Der klarna-Support oder: Der Abstieg in die Hölle

Der schwedische Finanzdienstleister klarna ist wahrhaftig kein Unbekannter, und so hatte ich mich dazu entschlossen, eines ihrer Finanzprodukte zu nutzen. Voraussetzung dafür ist die Eröffnung eines klarna-Bankkontos, was wiederum nur in der mobilen klarna-App möglich ist; und das gelingt auch nur, wenn man über einen (kostenlosen) klarna-Accounts verfügt.

Alles kein Probem, oder?

Erster Tag

Alla guud.

Ich lege einen Account bei klarna an. Dafür braucht es nicht einmal ein Passwort, nur eine gültige E-Mail-Adresse (für die Bestätigung der persönlichen Daten) und die mobile App auf dem Smartphone. Sehr bequem.

Für die Eröffnung des Bankkontos selbst wird nach der Eingabe zahlreicher (zum Teil sehr) persönlicher Daten (neben der Adresse wird beispielsweise auch das Arbeitsverhältnis abgefragt) zum Abschluss eine Verifizierung benötigt, bei der ich meine Identität bestätigen soll, kurzum, ein Vorgang, bei dem ich beweise, dass ich der bin, der ich vorgebe zu sein.

Der Abstieg in die Hölle beginnt.

Ich versuche zunächst die Verifizierung mittels eines vorhandenen Kontos: Ich melde mich in der klarna-App mit den bereits verifizierten Zugangsdaten für das Online-Banking eines anderen Geldinstituts an. PayPal geht leider nicht, ich probiere es daher zunächst mit den Zugangsdaten für die ING, jedoch ohne allzu große Hoffnung. Denn dort führe ich statt eines Girokontos nur ein „Extra-Konto“, das nicht über einen dynamischen zweiten Faktor, sondern nur über einen statischen DiBa-Key (quasi ein zweites Passwort) abgesichert ist.
Erwartungsgemäß wird die Verifizierung abgelehnt. Eine aussagekräftige Fehlermeldung scheint im voll digitalisierten Workflow des klarna-Universums jedoch nicht möglich zu sein. Stattdessen erhalte ich den albernen Hinweis „Hoppla! Bei der Identifizierung ist etwas schiefgelaufen. Versuche es später oder wähle eine andere Identifizierungsmethode“. Ein Hinweis darauf, was genau „schiefgelaufen“ ist und wie der Fehler hätte vermieden werden können? Fehlanzeige. Und geduzt werden will ich auch nicht von jemandem, den ich gar nicht kenne.

Aber kein Problem, ich verfüge ja auch noch über ein PSD2-konformes Girokonto bei der Sparkasse. Also frisch ans Werk! Aber auch hier endet der Versuch, meine Daten zu verifizieren mit dem läppischen Hinweis „Hoppla! Bei der Identifizierung ist etwas schiefgelaufen…“
Hmm, was soll eigentlich mit dieser Art von nichtssagender Fehlermeldung bezweckt werden? Soll der zukünftige (und wenn es so weiter geht, bald schon ehemalige) Kunde dadurch die überaus spannende Möglichkeit erhalten, selbst die Ursache für das unverschuldete Versagen zu finden?
Nach meiner Einschätzung liegt das Scheitern übrigens vermutlich daran, dass das Girokonto als Gemeinschaftskonto läuft, während das klarna-Bankkontos nur als persönliches Konto eröffnet werden kann. Das verrät klarna jedoch nicht – bestimmt, um die Spannung zu erhöhen…

Aber gut, es gibt ja noch Alternativen. Ich starte daher den nächsten Versuch, die Verifizierung per Video-Ident-Verfahren.
Die klarna-App liefert keinerlei Hinweis darauf, welcher Dienstleister die Video-Identifizierung vornimmt, die Support-Seiten hüten dieses Geheimnis ebenfalls sorgsam. Das hinterlässt bei mir zumindest ein, nun ja, leicht mulmiges Gefühl. Irgendwann sehe ich kurz den Namen „IDnow“ aufblitzen – immerhin: ein renommierter Name.

Ich benötige ungefähr 10 Versuche, bis eine funktionierende Verbindung zustande kommt. Vorher sehe und höre ich zwar mein Gegenüber, der/die/das Gegenüber aber offensichtlich mich nicht. Ich sitze übrigens direkt neben dem Access Point und verfüge über einen Internetzugang mit „DSL 50“.
Die Identifizierung selbst läuft dann problemlos durch. Fast problemlos zumindest, denn kurz vor dem Ende legt die Gegenseite einfach auf und beendet ohne Vorwarnung und ohne Begründung das Gespräch. Die klarna-App meldet sich erneut mit ihrem überaus aussagekräftigen „Hoppla…“-Text. Ach so, ja klar, vielen Dank, sehr hilfreich.

Weitere 10 bis 15 Versuche später existiert erneut eine stabile Verbindung und die Verifizierung kann im zweiten Anlauf erfolgreich durchlaufen und abgeschlossen werden.
Erfolgreich? Denkste! Denn nach dem Beenden des Videotelefonats meldet die klarna-App – wir ahnen es bereits: „Hoppla! Bei der Identifizierung ist etwas schiefgelaufen…“ So langsam werde ich unwirsch.

Lediglich 15 bis 20 Versuche später bekomme ich erneut eine stabile Verbindung zu einer Mitarbeiterin von IDnow, die mir erklärt, meine Daten seien aufgenommen und verifiziert worden, es dauere jedoch bis zu 48 Stunden, bis sie ein weiteres Mal überprüft wurden und in der klarna-App sichtbar seien.
Ach so? Und warum finde ich nichts dazu ich auf den Webseiten des klarna-Supports? Mir wird klar, da kann etwas nicht stimmen, aber für heute lasse ich es gut sein.

Zweiter Tag

Das kann ja nicht so schwer sein.

Ich rufe beim Support an und schildere meinen Fall. Der Support-Mitarbeiter zeigt sich verständnisvoll und bestätigt, dass meine Daten im System ordnungsgemäß hinterlegt seien. Warum die Verifizierung jedoch nicht abgeschlossen wurde, kann er nicht nachvollziehen. Nach Rücksprache mit der Fachabteilung eröffnet er immerhin ein Ticket, dessen Bearbeitung – was er wortreich bedauert – bis zu 2 Werktage benötigen wird.

Aber, ach, so weit kommt es erst gar nicht, denn schon wenige Minuten nach dem Beenden des Gesprächs wird das Ticket wieder geschlossen! Immerhin erhalte ich dazu eine Mail, darin die Begründung, bei Fragen zur Identität könne man mir nicht per E-Mail helfen.
Lieber klarna-Support, hier noch einmal ganz deutlich der Hinweis: Das wollte ich ich nicht! Ich wollte keine Hilfe per E-Mail – genau deshalb hatte ich doch angerufen!
Weiter steht in der Mail, Hilfe gebe es nur im Chat, den ich in der klarna-App aufrufen müsse, denn nur dort könne meine Identität überprüft werden.

Gesagt, getan. Ich starte die klarna-App und anschließend einen Chat mit dem Support-Bot („richtige“ Menschen sind wohl zu teuer?). Ich beschreibe mein Problem akribisch und drücke auf hoffnungsfroh auf „Senden“.
Danach geschieht…nichts, nada, niente, nothing, die Nachricht wird nicht einmal verschickt.
Beim erneuten Antippen der (immerhin gespeicherten) Chat-Nachricht werde ich aufgefordert, mich zu verifizieren. WHAT?!? Ich habe ein Problem mit der Verifizierung und brauche, um dieses Problem melden zu können, einen verifizierten Account? Wer hat sich denn das ausgedacht?

Für heute gebe ich auf.

Dritter Tag

Neuer Tag, neuer Mut, neues Glück.

Wieder rufe ich beim Support an und schildere abermals akribisch mein Problem, pardon, meine Probleme, denn zum einen gelingt es mir nach wie vor nicht, mich für das Bankkonto zu verifizieren und zum anderen soll ich nun, um dieses Problem dem Support vorzutragen, einen Chat nutzen, der wiederum eine Verifizierung voraussetzt.

Der Mitarbeiter im 1st-Level-Support bestätigt nun (für mich überraschend – oder auch nicht), dass die Verifizierung meiner Daten nicht vollständig durchgelaufen sei. Hierbei handele es sich um einen Software-Fehler, mehr könne er dazu jedoch nicht sagen. Es werde ihm jedoch in seinem System angezeigt, dass sich am nächsten Tag sein „Chef oder dessen Stellvertreter“ zwischen 13:00 und 16:00 Uhr bei mir melden und die Verifizierung zu Ende bringen werde. Auf jeden Fall! Versprochen!

Dass die klarna-App beim Start eines Chats eine Verifizierung erforderlich mache, sei übrigens das etwas unglückliche Resultat einer neuen Funktion in der App. Hier habe man eine zusätzliche Sicherheitsebene eingezogen, das müsse man wohl wieder rückgängig machen.

Ich lege auf und harre des Anrufs am folgenden Tag.

Vierter Tag

Mir geht es wie Max Raabe: „Kein Schwein ruft mich an.“ Nicht, dass ich wirklich mit einem Anruf gerechnet hätte…

Um 16:30 Uhr melde ich mich erneut beim Support an und schildere ein weiteres Mal meine Probleme, die jeden Tag ein wenig größer werden. Und zum ersten Mal verbindet mich der 1st-Level-Support-Mitarbeiter in die zuständige Fachabteilung. Tschakaa! … Leider in die falsche. Das stellt sich jedoch erst heraus, nachdem ich dort meine Leidensgeschichte vorgetragen hatte. Man kann mich allerdings „aus technischen Gründen“ nicht in die tatsächlich zuständige Fachabteilung verbinden, weshalb man mir eine Telefonnummer gibt, die ich bitte anrufen möge, was ich sofort mache.

Ich im Zentrum der Hölle angekommen.

Ich schildere – bereits zum dritten Mal allein am heutigen Tag -, weshalb ich anrufe und wieso ich Hilfe benötige. Hmm, liegt es daran, dass es Freitagnachmittag ist und das Wochenende vor der Tür steht? Liegt es daran, dass sich meine Gesprächspartnerin nicht wirklich für mein Problem zuständig fühlt? Zumindest lässt sie das durchblicken.

Unfreundlicher und genervter als diese Dame kann man jedenfalls wirklich kaum sein!

Beispiel: Ich muss mich mit meiner E-Mail-Adresse authentifizieren (wobei ich mich frage, was daran sicher sein soll, denn die kennt ja nun wirklich die halbe Welt, aber egal) und muss die Adresse zu diesem Zweck buchstabieren. Als wir beim @-Zeichen ankommen, sage ich: „Jetzt kommt das at-Zeichen, also der Klammeraffe“, woraufhin mir die Dame ins Wort fällt und mich anpampt: „Was ein Klammeraffe ist, weiß ich gerade noch so!“ Ich versuche, ihr Verhalten zu ignorieren.

Anschließend triumphiert sie: „Für Sie sind ja gar keine Daten hinterlegt! Haben Sie mir überhaupt die richtige E-Mail-Adresse genannt?“ Ja, das habe ich. Sie hingegen hat die falsche Adresse notiert, genauer, die falsche Domain, .de statt .net. Daraufhin sie: „Kein Wunder, sie reden so viel, da weiß man ja gar nicht, was man aufschreiben soll.“ Leider falsch, denn sie ist mir beim „Klammeraffen“ ins Wort gefallen, deshalb hat sie das abschließende „.net“ nicht mitbekommen.
Ist diese Dame denn tatsächlich beim Kundensupport beschäftigt oder vielleicht eher in der Kundenabwehrabteilung? Ich unterdrücke meinen Ärger über diese Unverschämtheit und wir fahren fort.

Immerhin stellt sich nun heraus, dass meine Stammdaten (Name, Adresse, etc.) im System falsch hinterlegt sind. Das ist ja schon mal was. Die Support-Dame wird nicht müde mich zu belehren, dass bereits beim Anlegen des klarna-Accounts (also ganz zu Beginn der Geschäftsbeziehung) sämtliche Vornamen, die auf dem Personalausweis stehen, ins Feld „Vorname“ eingegeben werden müssen (wohlgemerkt: das Feld trägt die Bezeichnung „Vorname“ – Singular, nicht Plural), und die Straße müsse beim Anlegen des Kontos selbstverständlich exakt so geschrieben werden, wie sie auf dem Personalausweis stehe, mit Bindestrich oder ohne, abgekürzt oder ausgeschrieben. Denn beim Verifizieren des Bankkontos würden die persönlichen Daten des klarna-Accounts mit den Angaben auf dem Personalausweis verglichen und bei der auch nur klitzekleinsten Abweichung werde die Verifizierung verweigert.

Da stellt sich mir unwillkürlich die Frage, warum dem Antragsteller dieser unglaublich wichtige Zusammenhang nicht schon beim Anlegen eines klarna-Accounts und dann noch einmal bei der Eröffnung und bei der Verifizierung eines klarna-Bankkontos mitgeteilt wird.
Ärgerlich finde ich hingegen, dass man in der klarna-App nicht über den Grund für das Misslingen der Verifizierung unterrichtet wird. Warum lässt klarna potenzielle Neukunden so konsequent im Dunkeln tappen?

Die Dame vom Support und ich, wir trennen uns nicht unbedingt in größter Zuneigung.

Abgesang

Wie schon abzusehen war, lassen sich die in der klarna-App eingegebenen und per E-Mail bestätigten persönlichen Daten nicht mehr ändern. Auch der von der unverholen genervten und zwischenzeitlich grob unhöflichen gewordenen Support-Dame gegebene Tipp, die klarna-App zu löschen, sie neu zu installieren und dann mit den korrekten Daten zu befüllen, schlägt fehl, denn die App zieht immer wieder die ursprünglich angegebenen, leider „falschen“ Daten.

Ich gebe auf und möchte meinen Account und meine bei klarna hinterlegten Daten löschen. Aber auch jetzt sorgt klarna in gewohnt kreativer Weise dafür, dass dies so kompliziert wie möglich abläuft: In der App geht es nämlich schonmal nicht. Und auch die Support-Seiten bieten zum Thema „Account löschen“ keine Hilfe an. Schließlich finde ich den Kniff doch noch heraus: Ich muss in der klarna-App eine „Datenschutzanfrage“ starten. Diese enthält dann die Option „Löschung Ihrer personenbezogenen Daten und Beendigung der Kundenbeziehung mit Klarna“. Nach Abschluss des Vorgangs soll mir eine E-Mail zugeschickt werden.

Auf diese E-Mail warte ich nach einer Woche allerdings immer noch…